Glampacker und Globetrotter

Lonely Planet Reiseführer im Web

Der Lonely Planet ist die Bibel unter den zahlreichen Reiseführern. Ein altes Auto, ein paar Dollar in der Tasche und ein Gefühl von Abenteuer, so beginnt die Geschichte von Lonely Planet in der Eigendarstellung auf Facebook. Es waren die wilden Siebziger, als die beiden Briten Tony und Maureen Wheeler sich auf einer Parkbank im Londoner Regent’s Park kennenlernten, ein Jahr später heirateten und beschlossen, zum Flittern auf grosse Überlandtour von Europa nach Australien zu gehen. Am Ende, heisst es auf Facebook cool, waren sie komplett pleite – und hätten nicht glücklicher sein können. So beginnt die Geschichte von Lonely Planet und seinen rund 207 Reiseführern. Insgesamt wurden bereits über 100 Millionen Bücher verkauft.

Lonely Planet ist mittlerweile allerdings mehr als ein Verlag für Backpacker-Bibeln. Die „blue binds“, die blauen Bände, wie die Reiseführer intern genannt werden, machen zwar weiter drei Viertel des Umsatzes aus. Aber das Internet ist die wichtigste Herausforderung. Neben der Webseite lonelyplanet.de, die 2009 ihren sechsten Webby Award als „beste Reiseseite“ gewann, gibt es Lonely Planet TV, einen YouTube-Videokanal, Twitternachrichten, Facebook Fan Seite, Downloads für den E-Reader Kindle und Landkarten für alle grossen Handyhersteller.

Der letzte Schrei sind – wie in allen Verlagen – iPhone-Apps. Je 35 Stadtführer und Wörterbücher sind im Angebot, insgesamt wurden sie über 500’000 Mal heruntergeladen – und das, obwohl sie mit 9.99 Pfund nicht billig sind.Auch für Googles Handysoftware Android wurde eine schicke „Augmented Reality“-Anwendung gebastelt: Wer den „Lonely Planet Compass Guide“ herunterlädt, muss das Handy künftig nur auf eine Sehenswürdigkeit richten, und schon teilt einem der Bildschirm alles Wissenswerte darüber mit. Für zehn US-Städte gibt es diesen mobilen Reiseführer bislang.

Allerdings ist auf Reisen das Buch dem Handy immer noch deutlich überlegen. Es braucht keine Batterien, keinen Empfang und kostet auch keine Roaming-Gebühren. Der klassische Reiseführer ist auf absehbare Zeit nicht zu ersetzen sagt Matthew Cashmore, der Zukunftsguru von Lonely Planet im Interview mit SPIEGEL ONLINE. Mittlerweile gibt es aber immer mehr mobile Geräte mit W-Lan Anschluss und gerade das könnte dann wohl ein Knackpunkt für den Kauf eines Buches sein. Da man Wireless Internetanschlüsse allerdings vorerst nur in grossen Städten findet, werden die Bücher doch noch die Oberhand behalten.

Dass die Lonely Planet Autoren nicht wirklich jeden Tipp selber ausprobiert haben, darüber gibt es immer wieder Gerüchte. Thomas Kohnstamm schrieb unter dem Titel “Do Travel Writers Go To Hell?” ein angebliches Enthüllungsbuch. Andrea Schmits von ebookers.ch hat die seit zwei Monaten erhältliche Deutsche Fassung mit dem Titel “Die absolut ehrlichen und völlig schamlosen Bekenntnisse eines professionellen Reiseführer-Autors” gelesen. Ihr Fazit, die Enthüllungen sind ziemlich harmlos und langweilig: „Unglaublich schockiert bin ich nicht. Oder erwartet wirklich jemand, dass bei einem derart umfassenden Reiseführer über ein so grosses Land wirklich jedes Dorf, jedes Restaurant und jedes Hotel umfassend getestet wurde? Erst recht, wenn der Führer von einem Amerikaner geschrieben wurde, der das Land auch nur von Ferien her kennt?

Für mich muss ein Reiseführer vor allem über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten berichten und entsprechende Routen beschreiben. Empfehlungen für Hotels, Restaurants oder Clubs sind gute Anhaltspunkte, aber meistens hat sowieso jeder Reisende wieder andere Vorlieben. Hotels überprüfe ich zum Beispiel vor jeder Buchung bei HolidayCheck um sicher zu gehen, dass die Qualität auch dem Preis entspricht. Wie Andrea Schmits in ihrem Blogartikel schon schreibt, sollte man auch bei der Auswahl eines Reiseführers darauf achten, dass der Autor in dem Land lebt oder längere Zeit gelebt hat, dann erfährt man tatsächlich Insidertipps.

In Amerika haben wir bis jetzt sehr gute Erfahrungen mit den Führern von Reise Know-How gemacht. Der beschreibt die möglichen Routen und entsprechenden Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke. Zudem informierten wir uns jeweils auch im USA Reise Forum. Reiseführer sind gut um Ideen zu sammeln, aber jeder Empfehlung sollte man auch nicht nachgehen. Schliesslich sind doch genau die Reisen spannend, auf denen man etwas spezielles erlebt hat. Während meiner West-USA Rundreise 2008 mussten wir zweimal im Auto schlafen, weil einfach alle Hotels in der Umgebung von 100 Kilometern ausgebucht waren. Darauf wird man in keinem Reiseführer vorbereitet, aber es ist eine Erfahrung, welche man nicht vergessen wird!

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